Nur mit dem Schlafwagen an die Macht oder von Dienstwagen und andere Bomben


Was macht ein 320 PS starker gepanzerter Dienstwagen in Spanien? Er schützt die Gesundheitsministerin vor der Schweinegrippe - was denn sonst!
Das nahe liegende wurde mal wieder nicht beachtet in diesem Kurzkrimi, der die  - neben Brigitte Zypries - dienstälteste Bundesministerin die Karriere gekostet hat.
Es klingt natürlich seltsam, dass die Ministerin ihren Dienstwagen über 2.500 Kilometer nach Spanien folgen lässt um zwei Termine wahrzunehmen, die sie auch zu Fuß hätte erledigen können. Schließlich propagiert sie mit ihrem Ministerium immer wieder die gesundheitsfördernde Wirkung des Gehens - manchmal auch öffentlichkeitswirksam mit Schrittzählern.
Da wäre schön was aufs Gesundheitskonto gekommen und sie bräuchte nicht zu fürchten, dass sie ab dem 27.9. in die Analen der Politik eingehen  wird.
Ihren Fahrer wird es wohl den Job kosten - hat er sich doch den Schlüssel klauen lassen.  Dabei erscheint eine offene Terrassentür wahrscheinlicher als eine Narkose.
Aber diesmal hängt man nicht den Kleinen und lässt die Große laufen.
Das Theater um die "Dienstwagenaffaire" ist wohl auch der sauren Gurkenzeit und dem Wahlkampf geschuldet.
Das Auto ist wieder da, der materielle Schaden damit sehr begrenzt und dennoch wird Ulla Schmidt nicht ungeschoren davonkommen.
Es freut sich der normale Bürger, dass es mal wieder eine von denen da oben erwischt hat. Es freut sich die Medizin- und Pharmalobby, der Ulla Schmidt ein großer Dorn im Auge war. Sie hat es über all die Jahre geschafft in diesem Haifischbecken aus Hardcore-Lobbyismus, Intrigen und gezielten Falschinformationen zu überleben.
Wenn ihr Fahrer wirklich betäubt wurde, lässt das noch einen ganz anderen Verdacht aufkommen? Diese Karriere wurde beendet mit freundlicher Unterstützung von Ratiopharm? Gute Reise, schnelle Rente dank der Pharmaindustrie?
In einem solchen Ministeramt muss man sich ein dickes Fell wachsen lassen. Das mag den Nachteil haben, dass durch dieses Fell das Feingefühl für Verhältnismässigkeit und das Gespür für öffentliche Stimmung verloren gegangen ist.
Die Springerpresse ist jedenfalls fröhlich darauf gesprungen.
Apropos Springerpresse. Niemand schien sich sonderlich dafür zu interessieren, dass sich unsere Bundeskanzlerin zu einem Termin mit Friede Springer mit dem Hubschrauber fliegen ließ - eine Transportmethode, die schnell mit mehreren zehntausend  Euros zu Buche schlägt. Den Termin hat sie nicht als Bundeskanzlerin wahrgenommen.
Da gab es eine kleine Meldung, aus der hervorging, dass die CDU rasch die Kosten für den Flug übernehmen werde.
Wie war das wohl ursprünglich geplant?
Das war der Springerpresse jedenfalls keine Kampagne wert. Wir sind halt im Wahlkampf.
Ursula von der Leyen, die Ulla Schmidt kritisierte, lässt aus dem Bonner Ministerium den Fahren kommen, um sie von Berlin nach Hause nach Niedersachsen zu fahren - und das regelmässig. Da kommen ganz schön viele leergefahrene Kilometer zusammen. Aber es trifft die SPD. Es regt niemanden auf, dass die staatlich und damit von uns allen heftigst subventionierten Banken schon wieder zocken, Banker sich fette Bonni auszahlen, alle freuen sich über Ulla Schmidts Fehlverhalten. "Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen" gilt wohl nicht nur für die Justiz sondern auch für die Presse und "das gesunde Volksempfinden".
Die SPD agiert auch so ungeschickt und glücklos, dass sich die CDU keine große Mühe geben muss - die Kanzlerin wird sozusagen im Schlafwagen an die Macht fahren. Ob es eine große Koalition geben wird? Die Kanzlerin möchte es nicht, Steinmeier heimlich wohl eher schon. Lieber als Juniorpartner mitregieren, als Opposition machen.
"Opposition ist Mist" lautete der knapp-kernige Satz von Franz Müntefering.
Manchmal wird aber beim Regieren so viel Scheiße gebaut, dass man morgens im  Mist der Opposition wieder aufwacht.